Die Gedankentropfen zum Hören
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Wie Schimpansen uns den Schmerz des Verlusts lehren
In einem aufschlussreichen Experiment des Verhaltensforschers Frans de Waal im Jahr 2003 zeigte sich, wie stark die Wahrnehmung von Belohnungen unser Verhalten beeinflusst.
Zwei Schimpansen mussten eine einfache Aufgabe lösen. Zunächst erhielten beide eine Gurke als Belohnung – und beide waren damit zufrieden.
Doch die Harmonie kippte, als einer der Affen anstelle der Gurke eine Traube erhielt, eine begehrenswertere Belohnung. Der Affe mit der Gurke reagierte mit deutlicher Frustration: Er verweigerte seine Belohnung und warf sie sogar weg.
Als er schließlich auch eine Traube bekam, kehrte seine Zufriedenheit zurück. Doch dann wurde die Traube wiederum gegen eine Gurke ausgetauscht – und der Affe, der einst mit einer einfachen Gurke zufrieden war, verweigerte sie erneut.
Wenn mehr nicht genug ist: Die Angst vor dem Verlust
Sogar berühmte Persönlichkeiten wie Will Smith kennen dieses Phänomen. Der bekannte Schauspieler aus Filmen wie Independence Day hat es einmal treffend beschrieben:
Berühmt werden ist großartig
Berühmt sein ist okay
Ruhm verlieren ist großer Schmerz
Seine Worte spiegeln einen tief verwurzelten Mechanismus wider, der uns alle antreibt: das Streben nach mehr – und die Angst, etwas zu verlieren.
Dieses Verlustgefühl passt sich an unseren aktuellen Zustand an. Selbst wenn du der reichste Mensch der Welt wärst, würde dich ein Verlust schmerzen, egal wie viele Ressourcen dir noch blieben.
Es ist weniger eine Frage des „Haben“, sondern vielmehr, wie sich das „Verlieren“ anfühlt.
84 Millionen Sonnenkönige: Warum wir besser leben als die Herrscher der Geschichte
Im 21. Jahrhundert genießen wir in Deutschland einen Lebensstandard, von dem selbst die mächtigsten Könige vergangener Jahrhunderte nur träumen konnten.
Vieles, was wir heute als selbstverständlich ansehen, übertrifft bei weitem die Möglichkeiten der reichsten Menschen der Geschichte.
Unsere medizinische Versorgung übertrifft den Standard, den Ludwig XIV., der Sonnenkönig, je erlebt hat. Mit einem Klick haben wir Zugang zu mehr Informationen, als die Medici im 14. und 15. Jahrhundert durch die klügsten Gelehrten ihrer Zeit zusammentragen konnten.
Wir reisen schneller und bequemer, als Leonardo da Vinci es sich jemals hätte vorstellen können.
Und ein Teenager hat heute auf seinem Smartphone Zugang zu mehr nackter Haut als Casanova in seinem gesamten Leben.
Wenn Selbstverständlichkeiten zu enttäuschenden Gurken werden
Für den modernen Menschen ist eine kalte Dusche kaum vorstellbar.
Wir sind daran gewöhnt, dass Antibiotika verfügbar sind, Masern durch Impfungen eingedämmt werden, die Heizung im Winter für Wärme sorgt, Kleidung reichlich vorhanden ist und unsere Ernährung vielfältig ist.
Unterhaltung steht uns jederzeit zur Verfügung, fließendes Wasser ist selbstverständlich, und Geräte wie Herd und Ofen erleichtern den Alltag. Müllabfuhr, eine verlässliche Infrastruktur und selbst WLAN gehören längst zum Grundstandard.
Doch sobald uns eines dieser Dinge fehlt, reagieren wir wie der Affe, dem die Traube weggenommen wurde – mit Frustration.
Was einmal ein Luxus war, ist für uns selbstverständlich geworden. Unsere Zufriedenheit passt sich stets an das an, was wir haben, und verschiebt die Basis dessen, was wir als „normal“ empfinden.
Und mehr noch: Das Glück eines Zugewinns bleibt in uns haften – wir wollen es immer wieder spüren, als könnte es irgendwann die Zufriedenheit dauerhaft etablieren.
Ein wirklich raffinierter Mechanismus, der dafür sorgt, dass wir nicht einfach passiv abwarten, sondern immer nach mehr streben. Dieser Mechanismus motiviert uns nicht nur dazu, uns Ziele zu setzen und Fortschritte zu machen, sondern er sorgt auch dafür, dass viele Menschen sich aktiv in die Gesellschaft einbringen.
Der Grund? Das Lob, die Anerkennung und der soziale Status, die mit einem Beitrag zur Gemeinschaft verbunden sind, wirken wie eine Belohnung, die uns immer wieder anspornt, mehr zu leisten und unser Engagement fortzusetzen.
Das Gleiche passiert, wenn wir sehen, dass andere mehr besitzen.
Eine kurze Beobachtung: Könnte es sein, dass unser Ärger im Straßenverkehr genau hier wurzelt? Vielleicht wird unser uralter Instinkt aktiviert – der Kampf um Platz, Ressourcen und Status, der tief in uns verankert ist.
Die Mechanismen des Genusses: Warum wir nie genug bekommen
Robert Wright beschreibt in seinem Buch „Buddhismus wirkt“ drei grundlegende Mechanismen, die tief in unserer Natur verankert sein könnten und unser Streben nach Genuss erklären:
1 Genuss als Antrieb: Dinge zu wollen, muss sich gut anfühlen. Nur so werden wir dazu motiviert, nach genussvollen Erfahrungen zu streben.
Ohne dieses Gefühl bliebe unser Antrieb auf der Strecke – wir würden kaum die Motivation finden, überhaupt aktiv zu werden.
2 Vergänglichkeit des Genusses: Der Genuss darf nicht dauerhaft sein.
Wenn er nicht nachlässt, würden wir uns nur einmal mit einer Aktivität befassen und nie wieder. Zum Beispiel würden wir nur einmal essen, weil der Hunger nie zurückkäme.
3 Die Illusion des Belohnungsfokus: Unser Gehirn lenkt den Fokus auf die Belohnung selbst und lässt uns kaum wahrnehmen, wie flüchtig sie ist. Würden wir zu sehr darauf achten, dass der Genuss schnell verblasst, könnten wir das Interesse an vielen Aktivitäten verlieren.
Dieser tief in uns verwurzelte Mechanismus überlagert oft die eigentliche Realität.
Wir könnten uns täglich bewusst machen, wie privilegiert wir eigentlich sind, wenn man all die Selbstverständlichkeiten betrachtet, die uns umgeben.
Besonders beeindruckend wird dies, wenn wir uns vor Augen führen, dass unsere Vorfahren für diesen Komfort buchstäblich mit Blut, Schweiß und Tränen bezahlt haben.
Ihre Entbehrungen und Opfer haben den Grundstein gelegt, damit wir heute unter einer warmen Dusche stehen und uns über Verspätungen der Deutschen Bahn ärgern können.
Was würden sie wohl sagen, wenn sie diese eigentlich absurden Beschwerden in ihrem Grab hören könnten? Vermutlich würden sie sich einfach nur umdrehen.
Warum wir nie wirklich ankommen
Es macht uns weder glücklich, genug zu haben, noch macht uns mehr wirklich zufriedener.
So entsteht das paradoxe Phänomen, dass beispielsweise das Beste am Sommerurlaub oft die Vorfreude darauf ist.
Wir genießen die Aussicht auf entspannte Tage, doch sobald der Urlaub beginnt, planen wir bereits den nächsten oder ärgern uns über ein schmutziges Badezimmer oder unfreundliches Personal.
Wie seltsam muss unsere Unzufriedenheit einem Menschen erscheinen, der vor ein paar hundert Jahren lebte.
Im 21. Jahrhundert empfinden wir beispielsweise Stress, weil wir unser eigenes Klo putzen müssen.
Ein Mensch aus der Vergangenheit, der miterleben musste, wie unzählige Menschen an scheinbar unerklärlichen Infektionen starben, würde die heutige Kanalisation als Wunder und göttliches Geschenk ansehen.
Doch keine Sorge, auch dieser historische Mensch würde sich nach ein paar Wochen an den modernen Standard gewöhnen – und vermutlich bald über das langsame Internet in Deutschland schimpfen.
Es ist ein Teil unserer Natur, zutiefst menschlich und, wie wir inzwischen wissen, auch animalisch. Letztlich sind wir eben auch nur Affen.
Deutlich wird dieses Phänomen, vielleicht hast du es schon gehört, wenn jemand sagt: "Ich möchte doch nur endlich ankommen."
Genug ist tatsächlich genug: Warum unser Lebensstandard unser Glück kaum verändert
Diese scheinbar automatisch ablaufenden Prozesse könnte man als unsere innere Standardeinstellung bezeichnen.
Doch es ist möglich, diese zu hinterfragen und ihre Macht über uns zumindest teilweise zu verringern.
Der erste Schritt ist, sich bewusst zu machen, dass diese Standardeinstellung überhaupt existiert.
Das fiel mir auf, als ich meinen Lebensstandard in manchen Bereichen reduziert habe.
Vor fünf Jahren hatte ich eine moderne Küche mit Kochinsel, Induktionsherd, einem großen amerikanischen Kühlschrank mit Eiswürfelspender und sogar Fußbodenheizung.
Nach einem Umzug hingegen nutze ich eine über 30 Jahre alte Küche, ohne Fußbodenheizung, ohne großen Kühlschrank und mit einem Gasherd.
Doch weißt du was? Im Alltag hat sich an meinen Gedanken wenig geändert. Mein Geist beschäftigt sich heute mit denselben alltäglichen Dingen wie damals.
Ich bin weder glücklicher noch unglücklicher. Auf lange Sicht hat die Ausstattung meiner Küche keinen nennenswerten Einfluss auf meine Zufriedenheit.
Es spielt genauso wenig eine Rolle für mein Wohlbefinden, wie oft ich reise, ob mein Fernseher 30 oder 60 Zoll groß ist und ob ich ein neues iPhone nutze oder ein fünf Jahre altes, gebrauchtes Modell.
Die hedonistische Tretmühle beschreibt das Phänomen, dass wir uns schnell an positive Veränderungen gewöhnen.
Was uns anfangs glücklich macht, wird bald zur Normalität, und wir kehren auf unser gewohntes Zufriedenheitsniveau zurück.
Die Macht der Standardeinstellung und wie wir sie nutzen können
Die Standardeinstellung ist wie eine Illusion, die wir durchschauen können.
Die Vorstellung, dass uns mehr glücklicher macht, oder dass das Glück in einem zukünftigen Zustand liegt, den wir erst noch erreichen müssen.
Die Illusion flüstert uns zu, dass noch vier Wochen vergehen müssen, bis der Urlaub, das Meer oder das Ausschlafen kommt.
Oder dass wir noch vier Jahre warten müssen, bis die Rente, die Beförderung oder die neue Wohnung das Glück bringen.
Doch die Erfahrung lehrt etwas anderes. Wer im Hier und Jetzt nicht mit einer Tasse Tee zufrieden sein kann, wird es auch nicht mit der ersehnten Belohnung in der Zukunft sein.
Das liegt daran, dass wir unserer Standardeinstellung folgen, die uns unbemerkt lenkt. Aber diese Standardeinstellung ist nicht unveränderlich.
Sie hat uns als Menschheit wirklich weit gebracht, und dafür können wir dankbar sein. Aber wir müssen uns nicht von ihr treiben lassen.
Wenn wir ihre Energie bewusst nutzen und auf Dinge lenken, die uns langfristig zufriedener machen, kann sie zu einer echten Stärke werden.
Falls dich das interessiert, lies gerne den Gedankentropfen „Die unterschätzte Kraft der Langfristigkeit“. Dort findest du noch mehr dazu.
Lass zum Schluss gerne eine Frage in deinen Geist eintröpfeln:
Welchen kleinen Moment könntest du gleich nach dem Lesen oder Hören so richtig genießen, wenn du deine Standardeinstellung ein wenig veränderst?
Heutige Kerntropfen
Schimpansen zeigen, wie stark Verluste schmerzen: Was einst akzeptabel war, wird nach dem Genuss von „mehr“ abgelehnt.
Dieses Phänomen, bekannt als hedonistische Tretmühle, zeigt sich auch in unserem Leben, wo mehr oft nicht nachhaltiger glücklich macht.
Trotz unseres Lebensstandards, der Königen vergangener Jahrhunderte überlegen ist, betrachten wir viele Errungenschaften als selbstverständlich.
Wir vergleichen uns mit anderen und erleben Unzufriedenheit, wenn sie scheinbar mehr haben als wir.
Unsere Standardeinstellung passt sich neuen Errungenschaften schnell an, was den kurzfristigen Genuss verblassen lässt.
Oft freuen wir uns mehr auf Belohnungen wie Urlaub oder Beförderungen, als wir sie letztlich genießen können.
Das Glück liegt selten in zukünftigen Zielen, sondern in jeweiligen präsenten Moment.
Die Illusion, dass mehr glücklicher macht, lenkt uns von der Möglichkeit ab, echte Zufriedenheit zu kultivieren.
Unsere Standardeinstellung hat uns als Menschheit weitergebracht, aber wir können ihre Energie bewusst lenken.
Indem wir sie gezielt einsetzen, schaffen wir langfristige Zufriedenheit und nutzen ihre Kraft als echte Stärke.
5 Gedankentropfen Highlights
Eine Reise durch die Welt der Gefühle -Warum unsere Gefühle uns leiten, eine positive Funktion haben und wie wir lernen, besser mit ihnen umzugehen
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